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Sollte man an Wiedergeburt glauben, würden sich wenige wünschen als Mistkäfer zurückzukehren. Seinem lateinischen Namen nach, Geotrupes stercorarius, ist der Mistkäfer ein „Erdbohrer, der ausmistet“, denn der Mistkäfer lebt hauptsächlich von Dung, also dem Kot von pflanzenfressenden Säugetieren wie Kühen oder Pferden. Auf den ersten Blick könnte man denken, der Mistkäfer führt ein nicht allzu schönes Leben. Doch betrachtet man die Rolle des Mistkäfers in der Natur näher, so erkennt man die großartige Funktion des Lebewesens: aus Mist schafft er wieder etwas Wertvolles. Abfall wird nicht nur wiederverwertet, er erhält sogar eine neue Funktion und fungiert als Wertstoff.
Im Umgang mit Abfall kann sich der Mensch noch einiges vom Mistkäfer abschauen. 2014 produzierte die EU rund 2,5 Milliarden Tonnen Abfall (siehe Abfallwirtschaft in der EU: Zahlen und Fakten). Laut Eurostat wurden 2016 rund 55 Prozent aller Abfälle wiederverwertet, während durchschnittlich nur 12 Prozent der in der EU eingesetzten materiellen Ressourcen aus Recyclingprodukten und rückgewonnenen Materialien stammten. Die Einsparung an Primärrohstoffe bietet somit Luft nach oben. In Anbetracht der global zunehmenden Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten ist klar: so kann es nicht weitergehen. Zeit aufzuräumen.
Im Gegensatz zum momentanen linearen Wirtschaftssystem bietet das Konzept der Kreislaufwirtschaft Lösungen, um die tonnenschwere Abfallerzeugung in Zukunft nicht nur zu verringern, sondern sogar zu vermeiden.
respACT treibt als Österreichs führende Unternehmensplattform für Nachhaltige Entwicklung das Thema voran, denn Unternehmen besitzen ein enormes Mitgestaltungspotenzial in der Kreislaufwirtschaft. In Kooperation mit Circular Futures- der Plattform Kreislaufwirtschaft Österreich des Umweltdachverbands organisierte respACT am 27. März ein Business Breakfast zum zirkulären Wirtschaftssystem. Vortragende der weltweit renommierten Ellen MacArthur Foundation präsentierten den TeilnehmerInnen den aktuellen Stand globaler Entwicklungen rund um Kreislaufwirtschaft und stellten eine Reihe an Case Studies vor, welche aufzeigten, wie ein Systemwandel aussehen könnte. Die Ellen MacArthur Foundation wurde 2010 gegründet, um den Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft zu beschleunigen und hat sich mittlerweile als global agierender Player etabliert.
Jocelyn Bleriot, Executive Officer der Ellen MacArthur Foundation, betonte in seinem Vortrag, Kreislaufwirtschaft gehe über Recyclingprozesse hinaus.
„The idea is to reset the whole system“,
um grundsätzliche Produktions- sowie Konsummuster neu zu gestalten. Indem Kreisläufe geschaffen werden, in denen Wiederverwendung, Wiederaufbereitung, Weiterverarbeitung die Norm ist, schaffen wir echtes ‚re-cycling‘ statt dem heute üblichen ‚down-cycling‘.
Dafür muss eine Vielzahl an AkteurInnen in Bewegung gebracht werden. Die Ellen MacArthur Foundation lobbyiert auf EU-Ebene, um die Vision der Circular Economy auf die politische Agenda zu bringen. Zudem startete die Ellen MacArthur Foundation zahlreiche Initiativen, wie The New Plastics Economy oder Make Fashion Circular, um die Langlebigkeit sowie Wiederverwertbarkeit von Materialien und Produkteinzelteilen in den entsprechenden Sektoren zu forcieren. Zahlreiche EntscheidungsträgerInnen verschiedenster Sektoren bekannten sich durch diese Initiativen zur Weiterentwicklung der Wirtschaft im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Zudem bietet das CE 100 Programme ein Netzwerk an Unternehmen, Städten, Regierungen, Universitäten und Führungskräften unter vorwettbewerblichen Bedingungen. Ziel dabei ist, eine gemeinsame Sprache der Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und durch Co-Kreationen neuer Innovationen einen Systemwandel herbeizuführen. Denn viele der notwendigen Instrumente für ein zirkuläres Wirtschaftssystem sind noch nicht vorhanden:
„There are a lot of things to be undone and co-created to sustain a better future“,
so Bleriot in seinem Vortrag.
Für Miranda Schnitger, Cities Project Lead der Ellen MacArthur Foundation, bieten besonders Städte eine Vielzahl an Möglichkeiten, Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Während im Jahr 2015 vier Milliarden Menschen in Städten lebten, werden bis 2050 voraussichtlich mehr als sechs Milliarden Menschen in Städten wohnhaft sein. Nicht nur aufgrund des Populationsvolumens in Städten ist ein Systemwandel besonders in urbanen Lebensräumen notwendig, denn 75 Prozent der globalen Ressourcennutzung findet in Städten statt und 60-80 Prozent der globalen Treibhaugasemissionen werden hier erzeugt. Zusätzlich treffen hier zahlreiche Interessen aufeinander. Dabei sind die Prioritäten u.a. wirtschaftliches Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätze sowie gute Lebensqualität. Schnitger stellte zudem folgende Fragen in den Raum:
Schnitger präsentierte daraufhin mehrere Beispiele, wie das Zusammenleben bzw. Wirtschaften in Zukunft aussehen könnten. Nach dem Konzept „Library of Things“ könnten Produkte gemietet statt gekauft werden. Modulare Gebäude könnten wiederverwertet werden und sich den urbanen Veränderungen effizient anpassen. Open Desk Designs sowie Fab Labs bedienen sich bereits an den Vorteilen der Digitalisierung und verbinden unterschiedliche lokale AkteurInnen, um die Lieferkette sowie Produktion innerhalb eines Ortes selbstversorgend zu entwickeln. Zudem erhalten Gebäude zusätzlichen Nutzen durch Plattformen wie Hoffice, Home Share Int oder 3Space, welche leerstehende Räume zu Büros umgestalten. Als Vorzeigebespiel wurde die Stadt Belo Horizonte herangezogen, wo insgesamt 7.000 IT Produkte lokal wiederverwertet bzw. repariert und dadurch neue Arbeitsplätze sowie digitale Inklusion realisiert wurden. Städte bieten daher eine großes Innovationspotenzial, um das gemeinsame Leben sowie Wirtschaften nachhaltig zu organisieren.
Die TeilnehmerInnen richteten anschließend ihre Fragen an die beiden ExpertInnen. Als Herausforderungen wurden unterschiedliche Interessen entlang der Lieferkette sowie fehlende Infrastruktur in gewissen Ländern hervorgehoben. Zudem spielt für Unternehmen in einer „Sharing Economy“ Vertrauen eine wichtige Rolle, um ihre Räumlichkeiten neu zu definieren bzw. zu teilen. Versicherungen sowie Regelungen sollen vorhandenem Misstrauen entgegenwirken. Eine weitreichende Streuung von Information sowie Weiterbildung über Circular Economy würde den systematischen Wandel beschleunigen.
Ziehen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an einem Strang, wird ein globaler Systemwandel hin zu einer nachhaltigen Zukunft möglich sein. Die Natur bietet als „Mutter der Kreisläufe“ eine Vielzahl an Inspiration für eine Nachhaltige Entwicklung. Nicht umsonst wurde im alten Ägypten der Mistkäfer auch „Glückskäfer“ genannt und vergöttert.
Die Präsentationen der Vortragenden stehen hier zum Download (Bitte beachten Sie, dass aufgrund der Datengröße das Laden sich etwas verzögern kann):
Fotocredit: www.stefanjoham.com
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